Im 2. Jahr der Covid-19-Pandemie – Wer soll das bezahlen? Wer hat das bestellt? Teil II

Viele Hunderte Milliarden und sogar Billionen Euro werden von der EU und der Europäischen Zentralbank (EZB) ins Spiel gebracht, um nach den schweren Schlägen der von der Covid-19-Pandemie arg gebeutelten europäischen Wirtschaft diese wieder auf die Beine zu helfen.

Diese enorme Hilfe wird ausschließlich auf Pump finanziert und nicht über die Wirtschaftskraft der einzelnen Länder, durch Sparpakete oder durch Steuererhöhungen. Solche Überlegungen werden als simple Kleingeisterei „schwäbischer“ Hausfrauen abgetan.

Inwiefern  aber ein solcher Weg in die Irre führen wird, soll im zweiten Teil dieser Trilogie besprochen werden. Deren 1. Teil: “Bilanz der wirtschaftlichen und sozialen Schäden“ wurde bereits vor ungefähr zwei Wochen vorgestellt. Der 3. und abschließende Teil: „Maßnahmenvorschläge zur Stärkung der Nachfrage“ erscheint dann in den nächsten Wochen.

1.  Eine unendliche Staatsverschuldung?

Österreich hat sich 2020 im Zuge der Coronakrise um 16 Prozent in Relation zu seinem Bruttoinlandsprodukt (BIP) verschuldet. Ist das jetzt viel oder wenig, wird man sich fragen?

Eine einfache Antwort ist nicht so leicht zu finden. Dies hängt nämlich von mehreren Faktoren ab:

a. Die Verschuldung um 16 Prozentpunkte des BIP für Österreich ist zwar eine der höchsten in der Eurozone. Die Rückzahlung der Zinsen ist aber in Zeiten wie diesen kein Problem. Es gibt ja die Nullzinspolitik der EZB. Aber das Schuldenkapital muss irgendwann  auch getilgt werden, außer es kommt zu einem drastischen Schuldenschnitt und einer Währungsreform mit  all den schwerwiegenden Konsequenzen für Wirtschaft und Bürger.

b. Nur für die Staaten im Euroraum, deren nationalen Notenbanken nicht unabhängig sind, stellt die Höhe der Staatsverschuldung ein schwerwiegendes Problem dar. Japan beispielsweise kämpft mit einer Staatsschuldenquote von über 254 Prozent oder die USA mit 131 Prozent im Jahr 2020.

c. Eine überdurchschnittliche Erhöhung der Staatsschuldenquote 2020 ist vor allem in den Mittelmeerländern der Eurozone zu beobachten, unabhängig von den jeweiligen Schäden durch das SARS-CoV-2-Virus. Eine Verschuldung dieser Staaten erfolgt eigentlich mehr anhand der Möglichkeiten und nicht unbedingt anhand der Notwendigkeiten.

d. Kritische Stimmen verweisen darauf, dass die durch die Geldschwemme hervorgerufene verantwortungslose Schuldenpolitik  – für die letztlich alle Euroländer haften – notwendige Strukturreformen in den Südländern verhindert werden. Es besteht zudem auch keine Bereitschaft, die durch die Pandemie verursachten wirtschaftlichen Schäden über neue Steuern oder Steuererhöhungen im eigenen Land zu finanzieren.   

2. Das Konjunkturprogramm der EU – ein Turbomotor für die von der Pandemie schwer getroffene europäische Wirtschaft?

Bereits im Frühsommer 2020 hat die EU-Kommission ein Konjunkturprogramm von fast einer Billion Euro geschnürt, das – so geplant –  für zwei Prozent Wachstum in der europäischen Wirtschaft sorgen soll.

Der Fonds umfasst 750 Milliarden Euro: Es sind zum einen 390 Milliarden Euro als einmalige Zuschüsse und  zum anderen 360 Milliarden als Darlehen. Die Darlehen können als Einstieg in die Eurobonds angesehen werden, da die Haftung auf alle EU-Länder ausgedehnt wird. Dieses Konjunkturpaket – Zuschüsse und Darlehen – stellt aber einen rechtswidrigen Tabubruch der EU dar, da eine gemeinschaftliche Verschuldung  – und damit verbunden eine gemeinsame Haftung – gegen die Verträge der EU verstoßen.

Das Muster der Verteilung der Zuschüsse durch die EU ist klar erkennbar: Eindeutige Bevorzugung der Mittelmeerländer der EU. Sie erhalten deutlich höhere Zuschüsse als ihnen aufgrund ihres Bevölkerungsschlüssels zustünde. Bei der Kreditvergabe dann, wofür  ebenso eine gemeinschaftliche Haftung besteht, wird es dann eine neuerliche Bevorzugung der Mittelmeerländer geben.

Österreich wurde wirtschaftlich sehr hart von der Corona-Pandemie getroffen. Es hatte 2020 den fünftstärksten Einbruch des BIP in der EU zu verkraften und das heurige Jahr wird kaum besser werden. Wurde aber auf diesen Umstand bei der Zuteilung der Zuschüsse Rücksicht genommen?

Keineswegs! Nach dem Bevölkerungsschlüssel stünden nämlich unserem Land 7,8 Milliarden Euro zu, zugeteilt wurden aber nur 3,5 Milliarden Euro. Die Unterdeckung beträgt somit 4,3 Milliarden(!) Euro. Mit anderen Worten: Wir haben generös auf mehr als vier Milliarden Euro verzichtet. Wir haben es ja! Oder auch: Es zeugt vielmehr davon, welcher Stellenwert dem Nettozahler Österreich in der EU zukommt. 

3. Die Europäische Zentralbank (EZB) – ein Goldesel, der immerwährend Golddukaten kackt?

Das Eurosystem hat bis Ende 2018 über den Sekundärmarkt im Rahmen des Public Purchase Programm (PSPP)  Staatsanleihen und unter einem anderen Namen Unternehmensanleihen in der Höhe von 2,4 Billionen Euro erworben. Hinzu kommen noch ungefähr zwei Billionen Euro, die 2020 im Rahmen des Pandemic Emergency Purchase Programm (PEPP) aufgelegt wurden.

Die Haftungssumme für die EZB –  somit für alle Steuerzahler in der Eurozone – ist auf den gewaltigen Betrag von 5,4 Billionen Euro (das sind 5.400 Milliarden Euro) angeschwollen. So Prof. Hans Werner Sinn, der ehemalige Leiter des deutschen WIFO-Instituts und derzeit als einsamer Rufer in der Euro-Wüste unterwegs.   

Es ist umstritten, ob die EZB nicht dadurch monetäre Staatsfinanzierungen betreibt, obwohl ihr nach Artikel 123 des Vertrages über die Arbeitsweise der  Europäischen Union (AEUV) der unmittelbare Erwerb von Staatsanleihen – wie andere Notenbanken – untersagt ist. Aber faktisch läuft es mit der Haftungsübernahme aller Euroländer auf das Gleiche, einer monetären Staatsfinanzierung, hinaus.

Dies führte vor allem dazu, dass in vielen Euroländern jegliche Haushaltsdisziplin verabschiedet wurde. Warum auch sollten sich die Regierungen in Italien, Frankreich, Griechenland oder auch bei uns durch neue Steuern oder auch Steuererhöhungen dem Protest ihrer Wähler aussetzen, wenn die EZB die Löcher in ihren Staatshaushalten ohnehin mit der Notenpresse finanziert? Inzwischen hat die EZB die Finanzierung der Haushaltsdefizite aller Euro-Länder übernommen.

Notwendige Strukturreformen können aber nicht durch eine Geldschwemme ersetzt werden. Früher  oder später wird es für uns alle ein böses Erwachen geben.  

Man muss sich dies erst einmal vorstellen: derzeit muss das finanziell und wirtschaftlich marode Griechenland für seine neu ausgegebenen Staatsanleihen nur 0,5 Prozent Zinsen p. a. einplanen, während die wirtschaftlich so mächtige USA hingegen 1,5 Prozent p.a. zu berappen hat.    

Mit dem explosionsartigen Ankauf von Staats- und Unternehmensanleihen auf dem Sekundärmarkt ab 2013 hat der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank und nunmehriger italienischer (!) Ministerpräsident, Mario Draghi, eine „Zombifizierung“ der Euro-Staaten und europäischer Großunternehmen eingeleitet. D. h. das Durchfüttern bankrotter Staaten und insolventer Großunternehmen wie beispielsweise der italienischen Fluglinie Alitalia. Und diese unverantwortliche Geldpolitik wird von der neuen EZB-Präsidentin, Christine Lagarde, einer Französin, munter fortgeführt.

150 europäische Ökonomen haben in einer Petition einen Schuldenschnitt für die Staatsschulden in den Euroländern gefordert.

Mit welchen Haftungen Österreich bei einem totalen Schuldenschnitt mit einer Währungsreform konfrontiert wäre, soll nicht vorenthalten werden.

Bei einer geschätzten Haftungssumme Österreichs von 2,98 Prozent für die von der EZB aufgekauften Staatsanleihen (Forderungszession) in der Höhe von 5,4 Billionen Euro würden bei einem totalen Forderungsausfall  für unser Land auf einen Schlag 161 Milliarden Euro schlagend werden. Dadurch würde sich unsere Staatsverschuldung von 325 Milliarden (April 2021) um den bereits weiter oben berechneten Betrag erhöhen.

Der neue Schuldenstand  würde dann lauten:  485 Milliarden Euro oder 129 Prozent des BIP. Dies wäre mehr als doppelt so hoch wie es  die derzeit außer Kraft gesetzten Maastrichtkriterien erlauben. Darüber hinaus bestehen für die Republik weitere Haftungen wie beispielsweise am Konjunkturprogramm der EU, die ebenfalls schlagend werden. Finis Austriae!

4. Finanzierung auf Pump – ein modernes Pyramidenspiel gigantischen Ausmaßes?

Vor allem in den Mittelmeerländern der Eurozone entwickelten sich die Staatsschulden nach einem ähnlichen Muster, wofür Griechenland ein sinnfälliges Beispiel bietet: jegliche Wirtschafts- und Finanzkrise erhöht die Staatsschuldenquote, ohne dass sie nach dem Ende der jeweiligen Krise wieder abgebaut werden. 

Die Staatsschulden sollen durch immer mehr neue Schulden getilgt werden. Hat  die EZB mit dem billigen Geld ein monetäres Perpetuum mobile geschaffen? Oder ist es vielmehr nur ein Pyramidenspiel gigantischen Ausmaßes?

Der US-Amerikaner, Bernard L. Madoff, hat 2008 mit seinem jahrzehntelang praktizierten Schneeballsystem einen Schaden von mindestens 65 Milliarden Dollar angerichtet. Er zahlte Anlegern in seinem Wertpapierfonds in einem steten gleichbleibenden Strom Gelder aus, die er vorher von neuen Investoren erhielt. Von zehn bis zwölf Prozent jährlicher Rendite war die Rede.

Einmal in Gang gesetzt funktioniert ein solches System so lange mehr Geld zugeschossen als ausbezahlt wird.

Für die Europäische Zentralbank gilt daher, dass sie so lange neues Geld schaffen kann, so lange nicht die Inflation seinen Realwert auffrisst.

Das Bestürzende daran ist, dass die Inflationsspirale bereits in Gang gesetzt wurde. Der Lebensmittelindex der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) hat im Mai 2021 – verglichen mit dem Mai des Vorjahres – um stolze 40 Prozent zugenommen. So viel wie seit zehn Jahren nicht mehr!

Obwohl die Prognosen eindeutig zeigen, dass die Weltmärkte mit landwirtschaftlichen Produkten gut versorgt sind, sind die US-Agrarinvestoren enorme Wetten mit Call-Optionen – Absicherung gegen steigende Preise für Mais, Weizen und Soja –  eingegangen. D.h. man geht von einer heftigen Inflation aus und gegen diese sichert man sich ab.  

Hinzu kommen Befürchtungen hinsichtlich steigender Treibstoff- und Transportkosten, steigender Mieten und steigender Preise für Dienstleistungen.

Vorbild für die EZB könnte auch Robert Mugabe, der ehemalige und bereits verstorbene Staatspräsident von Zimbabwe, sein. Mugabes Minister kamen zu ihrem Präsidenten und sagten ihm, dass man Brücken, Straßen und Schulen benötige, aber die Staatskassen leer seien. Daraufhin hat Mugabe nur erwidert: Wenn kein Geld da ist, dann druckt es einfach. Gesagt getan. Ende vom Lied: 2008 hatte das Land eine Inflation von 80 Milliarden Prozent –  und zwar im Monat. Geübte Mathematiker können jetzt nicht nur die Inflationsrate für ein Jahr ausrechnen, sondern auch die Zahl der Nullen dieser aberwitzigen Inflationsrate auch richtig benennen. 

Die Gefahren, die vom billigen Geld ausgehen, sind allgemein bekannt. Unterschiedlich sind nur die Reaktionen darauf.

Es gibt aber durchaus ernst zu nehmende Stimmen, die diese schwierige Situation für eine zu bewältigende Aufgabe halten.

Zwei prominente ökonomische Theorien für eine uneingeschränkte Schuldenpolitik und Überlegungen dagegen:

A. Die Saldenmechanik

Der deutsche Ökonom Wolfgang Stützel entwickelte die Theorie der „Saldenmechanik“, die neuerdings vom Publizisten Peter Michael Lingens in seinem Buch „ Die Zerstörung der EU“, Falter Verlag, 2019, vehement propagiert wird.

Dieser Theorie zufolge gibt es – so Lingens – die nicht zu hinterfragende Gewissheit (als ob es ökonomische Gewissheiten überhaupt geben könnte), dass es keinen Verkauf ohne einen entsprechenden Einkauf geben kann. Jede Ausgabe – von neuen Schulden beispielsweise – führt in den drei Sektoren wie öffentliche Hand, Unternehmen und private Konsumenten zu den entsprechenden Einkäufen und in der Folge zu einem Wirtschaftswachstum.

Einer unbeschränkten Schuldenpolitik kann  aber nur so lange das Wort geredet werden, so lange die Zinsen für die Schulden – mit all den Folgen für private Sparer und einer „Zombifizierung“ der Wirtschaft – niedriger als das Wachstum des BIP sind.   

Dieses Befürworten einer unlimitierten Schuldenpolitik, wenn nur das Zinsniveau niedriger als das Wirtschaftswachstum ist, führt gemäß dieser Regel letztlich zur absurden Konsequenz, dass sogar bei einem Schrumpfen Wirtschaft (Rückgang des BIP) Schulden gerechtfertigt sind, wenn nur die Rate der Negativzinsen höher ist.     

Es ist auch nicht Einerlei, wofür das geliehene Geld ausgegeben wird. Selbst Investitionen in die Infrastruktur können sich als ein Strohfeuer entpuppen. Wie beispielsweise Schnellstraßen zu nicht frequentierten Golfplätzen in Spanien oder ein eigener Fuhrpark mit Schneeräumgeräten und eigens angestellten Gemeindearbeitern in Nordgriechenland – in einer Region, wo durchschnittlich alle zehn Jahre aufgrund der starken Schneefälle ihr Einsatz erforderlich ist. 

Ein weiteres  gewichtiges Argument gegen die Saldenmechanik hat der ehemalige Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, Ewald Novotny, vorgebracht: „Jeder Staat wäre aber gut beraten, nicht in eine Finanzkrise zu kommen – und zwar im Sinne einer langfristigen (politischen und wirtschaftlichen) Stabilität.“

Kölsches Karnevallied aus den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts

B. Modern Monetary Theorie

Eine weitere Theorie, die für eine weitgehend unbeschränkte Verschuldung von Staaten eintritt, ist die „Modern Monetary Theorie“, die von folgenden Prämissen ausgeht:

(1) Geld hat sich historisch als Machtmonopol des Staates entwickelt, um Steuern einheben zu können. Frugale Abgaben können nämlich nicht unbegrenzt gelagert werden.    

(2) Daraus folgt, dass ein Staat jederzeit so viel Geld drucken kann, wie er benötigt, damit er seine Schulden zahlen kann wie auch damit die Bürger ihre Steuern zahlen können. 

(3) Entscheidend ist aber, dass dann überschüssiges Geld durch Steuern wieder abgeschöpft wird, um eine Inflation zu verhindern.

Und gerade diese entscheidende Bedingung der Modern Monetary Theorie wird  aber von den Staaten in der Eurozone, wiewohl aber teilweise von den USA, nicht erfüllt. Weder durch die Einführung einer Vermögenssteuer im reichen Norden Italiens noch durch eine Erbschaftssteuer nach britischem Vorbild in Österreich.  

C. Crash des Euro

Es  sind aber auch immer mehr Stimmen zu vernehmen, die einen Zusammenbruch des Euro-Währungssystems befürchten.

Die folgenden Aussagen stammen aus dem Bestsellerbuch von Marc Friedrich & Matthias Weik „ Der größte Crash aller Zeiten“, das bereits 2019 – noch vor Ausbruch der Corona-Krise – erschien.

Frage: Warum kann die Eurozone nicht funktionieren?

Eine Währungsunion kann nur dann funktionieren, wenn die einzelnen Länder weder kulturell noch wirtschaftlich zu verschieden sind. In der Eurozone wurden aber höchst unterschiedliche Länder zusammengepfercht.

Frage: Ist diese Unterschiedlichkeit nicht auch für die USA gegeben?

Jeglicher Verweis auf die USA ist deshalb nicht zielführend, da es sich hierbei doch um einen homogenen Staat mit gleicher Sprache und Kultur handelt.

Des Weiteren gibt es in den USA zwölf regionale Notenbanken, die den Zinssatz an die regional spezifischen Situationen anpassen dürfen. Der Euro hingegen ist eine von Frankreich verlangte Kopfgeburt, um die Vorherrschaft der D-Mark, die deutsche „Atombombe“,  zu brechen.

Den einzelnen Bundesstaaten in den USA ist – im Gegensatz zu den Euroländern – auch untersagt, eigenständig Anleihen aufzulegen. Und das ist ja das eigentliche Problem. Ein Griechenland oder sogar ein Italien wäre in den USA undenkbar.

Frage: Wer profitiert eigentlich vom Euro?

Die arbeitenden Menschen in der Eurozone sind es jedenfalls nicht. Das Eurosystem ist in erster Linie ein gigantisches Subventionsprogramm für die Exportindustrie. Und die Gewinner sind dann vor allem die Aktionäre dieser Unternehmen. Aber es soll nicht unterschlagen werden, dass dadurch vielfach auch Arbeitsplätze in unserem Land geschaffen und zeitweise auch gesichert werden, die aber aufgrund einer jederzeit möglichen Verlagerung der Produktion in Billig-Lohnländer stets gefährdet sind. Siehe dazu als abschreckendes Beispiel das Unternehmen MAN in Steyr, wo derzeit Tausende Arbeitsplätze in Gefahr sind.

Frage: Warum hängen die südlichen Länder in der Eurozone so am Euro? 

Als die größten Fans des Euro entpuppen sich die Euro-Mittelmeerländer. Niemand von ihnen will eine Rückkehr zu ihren alten, weichen, nationalen Währungen.

Man strebt vielmehr eine allgemeine Haftungsübernahme ihrer Schulden durch die reichen Euro-Länder an. Die korrekten Schlagworte hierfür lauten „Schuldenunion“ oder „ Vergemeinschaftung von Schulden“. Letztlich soll es dann uns allen gleich schlecht gehen!

Und ihre Chancen stehen  gar nicht schlecht, ihr angestrebtes Ziel auch zu erreichen. Seit dem Ausscheiden von Großbritannien aus der EU bilden sie nämlich auch in dieser Institution die Mehrheit, was die Durchsetzung ihrer selbstsüchtigen Interessen durchaus erleichtern wird. 

Frage: Wann gibt es den Crash des Euro?

Hinsichtlich der Tatsache eines Zusammenbruches des Euro besteht bei den Euro-Skeptikern Einigkeit. Dissens besteht lediglich über den Zeitpunkt. Die einen sprechen von einem Zeitraum von nur wenigen Jahren, während andere davon ausgehen, dass es möglich sein wird, ein Scheitern in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren zu verhindern.

Die beiden Autoren, Friedrich und Weik, haben sich aber bezüglich des Zeitpunktes des Zusammenbruches des Euro weit aus dem Fenster hinausgelehnt: Sie prophezeiten nämlich kühn das Jahr 2023!

Dies waren nunmehr  unsere, vermutlich nicht hoffnungsfroh stimmenden Überlegungen zur Finanzierung der Coronaschäden durch EU und Europäische Zentralbank (EZB).

In ungefähr zwei Wochen folgt dann der dritte und letzte Teil mit den Maßnahmenvorschlägen zur Stärkung der Nachfrage.

Die Kernfrage hierzu muss lauten: Welche Forderungen müssen von der Bundesregierung erfüllt werden, damit die mittelständische Wirtschaft und die sozial Schwachen unseres Landes überleben können?

1 Kommentar

  1. Kommentar von Heinz Siegmeth:

    Lieber Kurt,

    Danke für die 2. Information. Sie hat mich etwas „erschlagen“, da ich wirtschaftlich nicht so fit bin und auch eher in der Kleingeisterei schwäbischer Hausfrauen lebe. Aber seit ich einmal erfahren habe, dass man einfach Geld druckt, wenn man es braucht, habe ich ein ungutes Gefühl und das fand ich bei Deinem Vortrag bestätigt. Nach Deinem Vortrag dachte ich mir aber: Geld wird gedruckt, ich mache Schulden, kann sie nicht zurückzahlen – macht aber nichts, ein Schuldenschnitt – keiner hat mehr Schulden, die Situation ist gerettet. Ginge das so?

    Meine Antwort:

    Die Frage eines Schuldenschnittes für Staatsanleihen bildet eine der zentralen Fragen in der Fiskalökonomie.

    (1) Warum überhaupt einen Schuldenschnitt?

    Diese einfache Frage wirft aber eine Fülle weiterer Fragen auf. Vorrangig gilt es aber zu fragen, warum überhaupt einen Schuldenschnitt?

    Zwei ökonomische Theorien – die „Saldenmechanik“ sowie die „Modern Monetary Theorie“ – reden nämlich einer unlimitierten Schuldenpolitik, wenngleich unter einschränkenden Bedingungen, das Wort. Siehe diesbezüglichen Blogbeitrag dazu.

    Und es gilt vorauszuschicken, dass Wirtschaftszusammenbrüche und -krisen zum Wesen des Kapitalismus gehören. Joseph Schumpeter, ein sehr bekannter österreichischer Ökonom, sprach einmal in diesem Zusammenhang von der „schöpferischen Zerstörung des Kapitalismus“.

    Jede Krise gebiert wieder neue geschäftliche Möglichkeiten. Nur die im Dunkeln, die sozial und wirtschaftlich Abgehängten, sieht man nicht.

    So haben Wirtschaftshistoriker für die Zeit von 1636/1637 (Tulpenblase in Holland) und 1990 (Immobilienblase in Japan) 34 schwerwiegende Wirtschaftskrisen ausgemacht.

    Es ist eigentlich nur so, dass wir es nicht mehr gewohnt sind bzw. dazu bereit sind, Wirtschaftseinbrüche hinzunehmen bzw. mit ihnen zu leben.

    (2) Ein europäischer Schuldentilgungsfonds

    Der eher linke deutsche Ökonom, Daniel Stelter, hat einen kühnen Plan bezüglich eines Schuldenschnittes von Staatsanleihen in der Euro-Zone entworfen.

    Stelter schlägt vor, dass ein europäischer Schuldentilgungsfonds in der Höhe von 80 Prozent der Wirtschaftsleistung eines Landes (und nicht der Staatsschulden) eingebracht werden. Die Schulden werden auf 100 Jahre gestreckt, d.h. eigentlich gestrichen.

    Durch die Bezugsgröße „Prozent der Wirtschaftsleistung“ soll die Sparsamkeit der Staaten belohnt werden. Dies sei am Beispiel von Österreich und Griechenland, deren Staatsschulden ungefähr gleich hoch sind, demonstriert.

    Schuldenschnitt: 80 % der Staatsschulden und des BIP

    Österreich:
    BIP 2020: 375,6 Milliarden Euro
    Staatsschulden 2020: 315,7 Milliarden Euro
    Staatsschuldenquote in Prozent des BIP 2020: 84 %
    Erlass von 80 Prozent der Staatsschulden: 252,6 Milliarden Euro
    Erlass von 80 Prozent der Staatsschulden – bezogen auf das BIP: 300,7 Milliarden Euro

    Griechenland:
    BIP 2020: 209,9 Milliarden Euro
    Staatsschulden 2020: 353,9 Milliarden Euro
    Staatsschuldenquote in Prozent des BIP 2020: 169 %
    Erlass von 80 Prozent der Staatsschulden: 283,1 Milliarden Euro
    Erlass von 80 Prozent der Staatsschulden – bezogen auf das BIP: 167,5 Milliarden Euro

    Diese Aufstellung zeigt sehr schön, dass nach diesem Modell Österreich praktisch die gesamten Staatsschulden erlassen werden und Griechenland nur ungefähr die Hälfte. Für Österreich verbleiben Schulden in der Höhe von lediglich 15 Milliarden Euro, für Griechenland aber 186,4 Milliarden Euro.

    Die durch den Schuldenschnitt gewonnenen Handlungsspielräume sollen – so Stelter – dazu genützt werden, um durch Infrastrukturinvestitionen und Reformen die Wirtschaft in den jeweiligen Ländern voran zu treiben.

    Damit wird bereits eine der Bedingungen genannt, wodurch der Plan von Stelter zum Scheitern verurteilt ist: Es besteht nämlich bei den Staaten keinerlei Bereitschaft, Reformen einzuleiten.

    Des Weiteren beinhaltet dieser Plan eine Einmaligkeit. Nach einem solchen Schuldenschnitt kann nämlich die bisherige Schuldenpolitik der Euro-Länder nicht(!) mehr fortgeschrieben werden.

    (3) Exogene Faktoren führen zu einem Schuldenschnitt

    Historisch gesehen sind aber solche Schuldenschnitte so gut wie nie das Resultat vorausschauender Planungen, sondern ergeben sich aufgrund exogener Faktoren:

    a.Solange das Wachstum der Wirtschaft größer als das Zinsniveau ist, bleibt die Staatsschuldenquote unverändert bzw. verringert sich sogar. Und vice versa bis zum wirtschaftlichen Zusammenbruch!

    b.Die Inflation frisst die Staatsschulden! Beispiel dazu: Bei nur einer 5-prozentigen jährlichen Inflationsrate entsprechen nach zwanzig Jahren 100 % Schulden nur mehr 38 Prozent ihrer Kaufkraft. D.h. bezogen auf die Kaufkraft muss nur mehr etwas mehr als ein Drittel der Schulden zurückgezahlt werden. Es kann aber nicht gesagt werden, wann der „point of no return“ erreicht ist.

    c. Währungsreform: Politiker werden nur als letztes Mittel zu einer Währungsreform greifen, beispielsweise Abwertung der Währung im Verhältnis von vier Alt-Euro zu einem Neu-Euro. Dadurch würde es zu einer Vernichtung der Sparguthaben kommen. Eine hohe Inflationsrate ist ungleich weniger spektakulär! Die Schuldner wären im Vorteil. Es gab aber auch schon Währungsschnitte, die die Schulden von der Währungsreform herausnahmen. Diese wurden dann zu den alten Umrechnungskursen abgerechnet.

    d.Kriegerische Ereignisse. Jeglichem Kriegsende folgt dann ein Wiederaufbau und die Wirtschaft floriert mit hohen Wachstumsraten.

    (4) Forderungsschnitt in einem privaten Unternehmen

    Als gelernter Betriebswirt möchte ich anhand eines konkreten Beispiels, eines fiktiven Unternehmens, aufzuzeigen, welche Gefahren mit einem Schuldenschnitt der Staatsschulden im Euro-Raum verbunden sind.

    Veranschaulichen wir, dass die EZB ein privates Unternehmen mit 5,4 Billionen aufgekauften Forderungszessionen ist, wofür zudem Privatpensionen mit ihrem Vermögen haften. Ein sicheres Geschäft, so lange dadurch die operativen Geschäfte (Wareneinkauf, Gehälter usw.) nicht beeinträchtigt werden. Bei der EZB ist diese Grenze dann erreicht, wenn die Inflation die Kaufkraft wegfrisst.

    Was passiert aber, wenn die Forderungen uneinbringlich sind und ausgebucht werden müssten. In diesem Fall greift man auf die Privatpersonen zurück, die für die Forderungen haften. Wenn diese aber nicht solvent sind, dann droht der Konkurs bzw. die Insolvenz. Insolvenz im Euro-Raum hieße Währungsschnitt!

    Entscheidend ist aber, dass mit Unternehmen, die ihre Verbindlichkeiten nicht erfüllen können oder wollen, keine Geschäfte mehr gemacht werden können. Auf die EZB übertragen hieße dies dann, dass Griechenland für seine Staatsanleihen bis zu 13 Prozent wie 2013 zu berappen hätte und nicht 0,5 Prozent wie derzeit (2021).

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