1. Reiter: Der Spekulant
1973 wurde das Finanzkasino wieder eröffnet, nachdem es nach der Weltwirtschaftskrise 1929 geschlossen wurde. Seither ist es ungleich profitabler kurzfristig zu spekulieren als langfristige Investments in Unternehmen der Realwirtschaft zu tätigen.
Einige ausgewählte statistische Daten sollen helfen, die Bedeutung der Finanzwirtschaft zu illustrieren:
- Täglich kreisen vier Billionen Dollar um den Erdball.
- 2015 betrug der außerbörsliche Handel mit Derivaten 493 Billionen Dollar, der Umsatz in der globalen Realwirtschaft lag aber nur bei 73 Billionen Dollar.
- 2015 betrug der Gewinn der Banken aus Finanzgeschäften 22,8 Milliarden Dollar, wovon 90 % auf vier – vermutlich amerikanische Banken – entfiel.
- Nur zwei Prozent der Finanzgeschäfte weisen einen Bezug zur Realwirtschaft auf.
Die Finanzdienstleister bedienen – auch nach der Finanzkrise 2008 – wiederum zwei höchst unterschiedliche Käufergruppen:
- Derivate und Terminkontrakte für Menschen mit hohen Einkommen und Vermögen.
- Günstige Kredite für die Bezieher mittlerer und unterer Einkommen
Die oftmals nicht besicherten Kredite für die mittleren und Einkommensschichten sind die Krümel von der für die Vermögenden üppig gedeckten Tafel des Neoliberalismus.
Und die Menschen in den USA haben aus der Finanzkrise 2008 nichts gelernt und verschulden sich weiter: 2015 betrug der Gesamtverschuldung der US-Haushalte 12,29 Billionen Dollar (fast das vierfache BIP von Deutschland). Davon entfielen 1,3 Billionen Dollar auf Studentenkredite, 1,1 Billionen auf Autokredite und 730 Milliarden waren Kreditkartenschulden. (Die Zeit, Nr. 46, November 2016). Das ist die bittere Wahrheit über den Aufschwung in den USA. Alles auf Pump!
Und mit diesen Krediten passiert wiederum etwas, das fatal an die Zeit vor der großen Finanzkrise 2008 erinnert: Sie werden dann nach Risikogruppen zu eigenen Wertpapieren gebündelt und vornehmlich an japanische und europäische Investoren verkauft, da die Renditen in den USA größer sind.
Maßnahmen gegen die Finanzspekulanten:
- Einführung einer Finanztransaktionssteuer, eine Art Umsatzsteuer mit einem durchschnittlichen EU- USt.- Steuersatz, auf alle Finanzgeschäfte.
- Durch steuerliche Anreize, aber auch durch Verbote (beispielsweise Verbot von Leerverkäufen) sollen die Spekulanten von einer Abkehr kurzfristigen Tradings hin zu langfristigen Investments ermuntert werden.
- Trennung der Banken in Geschäftsbanken, die für die KMUs und für Privatkunden bei Spareinlagen und Kreditvergabe tätig werden, und in Investmentbanken für Großkunden und Großunternehmen.
- Erhöhung des Kernkapitals bei Banken auf deutlich mehr als 20 % – wie in anderen Branchen auch.
- Eine deutliche Erhöhung des Mindestreservensatzes von 1 % bei der Oesterreichischen Nationalbank auf wünschenswerte 100 %. Derzeit müssen die österreichischen Banken bei der Kreditvergabe lediglich 1 % bei der Nationalbank hinterlegen. Sie schöpfen somit Geld aus dem Nichts! Durch eine solche Maßnahme würde aber eine Kreditvergabe für Spekulationsgeschäfte mit einem Male unterbunden werden.
2. Reiter: Das Großunternehmen
Zu Ricardos Zeiten, ein bürgerlicher Ökonom, der vor mehr als zweihundert Jahren in England lebte, gab es noch keine großen Unternehmen. Der globale Handel hat aber zu Konzentrationen des Kapitals geführt, es haben sich Oligarchien herausgebildet.
1.348 der 43.060 international tätigen Unternehmen kontrollieren 80 % der Weltwirtschaft.
Man kann diese weltweit agierenden Großkonzerne weiter eingrenzen: Lediglich 147 Konzerne (davon 133 aus dem Finanz- und Immobiliensektor) kontrollieren 35 % der Weltwirtschaft – und sie sind weitgehend in den USA ansässig.
Zur Illustration sei die ökonomische Macht (eigentlich ist ja nur der Börsenwert dieser Unternehmen, der sich wieder schnell ändern kann) einzelner Internetriesen im Vergleich zum BIP (Bruttoinlandsprodukt) ausgewählter Staaten gebracht. Die Vergleiche sind aber trotzdem überraschend!
BIP von Portugal = 1 x Börsenwert von Amazon
BIP von Deutschland = 6 x Börsenwert von Apple
BIP von Österreich = 1 x Börsenwert von Microsoft
BIP von Griechenland = 1 x Börsenwert von Facebook
Die Großkonzerne benötigen eigentlich keinen Markt, sie versuchen vielmehr ihn vielmehr auszuschließen. Wir dürfen aber auch niemals vergessen: Wir brauchen auch keine Großunternehmen!
Maßnahmen gegen Großunternehmen:
- Strengere EU-Verordnungen gegen die Bildung von Konzernen bzw. zur Entflechtung bestehender Großunternehmen.
- Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums, das nicht auf einer bloßen Erhöhung der Produktion basiert, sondern auf Innovationen im Schumpeterschen Sinne (Schumpeter- ein österreichischer Ökonom). Gefragt ist der Entrepreneur!
- Es sollte ein steter Diskurs darüber geführt werden, welche geschäftlichen Bereiche marktfähig sind und welche nicht:
– In gemeinwirtschaftlicher Hand sind zu verbleiben bzw. rückzuführen: Wasser, Bahn, Straßen und andere Verkehrssystem, Pflichtschulen und Gesundheitswesen
– Gemischtwirtschaftlich: weiterbildende Schulen, Universitäten und Fachhochschulen, Altenpflege, Gesundheitswesen mit Sonderangeboten
– Privat: Produktions- und Dienstleistungszweige, Land- und Forstwirtschaft sowie Energieversorgung
3. Reiter: Der Shareholder
Bis in die 90er Jahren hinein verfolgte man in vielen Vorstandsetagen der Aktiengesellschaften in den mitteleuropäischen Ländern das Konzept des Stakeholders. Vor allem regional, bundesländermäßig oder auch national verankerte Unternehmen wie die OMV in Österreich oder VW in Deutschland fühlten sich unterschiedlichen Gruppen verpflichtet: Kunden, Mitarbeitern, Wertpapierinhabern, politischen Parteien.
Im Mittelpunkt der Überlegungen stand hierbei das langfristige Wohlergehen des Unternehmens.
Dieses Konzept wurde aber in den 90er Jahren vom Konzept der „Shareholder“ abgelöst, da sich dieses für den globalen Handel als ungleich geeigneter erwies. Vor allem, wenn es dabei galt, neue Aktionärsgruppen zu finden.
Ein am „shareholder value“ orientiertes Unternehmen kennt nur ein einziges Ziel, dem sich alle anderen unterordnen müssen: die kurzfristige Maximierung des Gewinnes. Ein Unternehmen ist nur solange eine „cash cow“, solange bis ein besseres Investment mit einer höheren Rendite winkt. Auf der Strecke bleiben Forschung, langfristige Produktpolitik, Mitarbeiterorientierung und regionale Orientierung.
Eine Rückkehr zum „Stakeholder-Konzept“ ist aber nicht zu erwarten!
Denn es darf nicht vergessen werden, dass dieses Shareholder-Konzept von 47 Billionen Dollar befeuert werden, die die 200 mächtigsten Vermögensverwalter, Fondsmanager, Scheichs, Oligarchen und Familien einsetzen können, um ihre Investments zu tätigen. Diese 47 Billionen Dollar entsprechen aber den Bruttoinlandsprodukten der EU, der USA, Chinas und Japans zusammengerechnet.
Vorschläge, um diese Aktionärspolitik der „verbrannten Erde“ etwas zu korrigieren:
- Unternehmen gehen freiwillig Verpflichtungen gegenüber Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern, der Gesellschaft und der Natur ein – „Corporate Social Responsibility“.
- Ein weiterer Vorschlag zielt auf die verschiedenen Formen einer Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmen. Siehe dazu das von Sahra Wagenknecht empfohlene Stiftungsmodell der Zeiss-Gesellschaft.
4. Reiter: Die Ungleichheit
Die ungleiche Verteilung von materiellen und immateriellen Ressourcen in einer Gesellschaft wie beispielsweise bei der Bildung, dem Einkommen oder Vermögen werden vom Neoliberalismus als unvermeidliche Kollateralschäden abgetan, die letztlich der Markt regeln wird, wenn es uns einmal allen „gleich“ gut geht. Dies ist das große historische Versäumnis des Neoliberalismus, die Ungleichheit als naturgemäßes und unvermeidliches Faktum sich selbst zu überlassen.
Dies hat dazu geführt, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich immer mehr öffnete, dass sich für Kinder aus sozial schwachen Schichten die Bildungs- und Erwerbschancen immer mehr verschlechtern, Zur Illustration ein paar Kennzahlen:
- 1 % der deutschen Bevölkerung kontrollieren 32 % des deutschen Bruttovermögens und 1 Promille (0,1 %) sogar noch 16 %,
- 5 % der Österreicher besitzen 42 % des österreichischen Bruttovermögens, aber 50 % der Österreicher müssen mit 4 % des österreichischen Bruttovermögens ihr Auslangen finden
- und der Mittelstand schrumpft immer mehr. In Deutschland zwischen 2000 und 2006 von 62 % auf 54 %. Und dieser Trend kann fortgeschrieben werden.
Mögliche Maßnahmen:
- Erhöhung der Erbschaftssteuer für Vermögen über eine Million Euro nach englischem Vorbild (40 % ).
- Deutliche Erhöhung der Körperschaftssteuer (KÖST) für die Unternehmen (Abschaffung der Gruppenbesteuerung) und der KEST für Sparguthaben, Zinsen und Dividenden für Einlagen über € 200.000,– sowie Einführung einer neuen Vermögenssteuer.
- Unterstützung unterer sozialen Schichten und der Alten, damit sie ein menschenwürdiges Leben führen können, sowie breite finanzielle Unterstützung von Begabten, Aufstiegswilligen und Jungunternehmern – egal woher sie kommen.
- Aufbau einer aktiven und kritischen Zivilgesellschaft sowie Unterstützung von Bürgerbewegungen.
Wenn Sie sich dazu oder auch über andere große politische Fragen in unserem Land etwas genauer informieren wollen, dann sollten Sie die Programmbeschreibung zu den „5 Sternen für Österreich “ lesen, die als pdf-File vorliegt und bequem gelesen oder herunter geladen werden kann.
Broschüre 4 der 5 Sterne 3.10.2017
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