Die Bundesräte Österreichs – niemand kennt sie, niemand braucht sie und trotzdem werden sie üppig entlohnt – Eine empirische Bestandsaufnahme –

1. Der Bundesrat, das unbekannte Wesen

Wem ist der Name eines Bundesrates bekannt und wer kennt schon die Aufgaben dieser Institution, die Länderkammer der österreichischen Bundesländer?

Je nach Betrachter bzw. Nutznießer verschieden, gibt es unterschiedliche Erklärungen für ihre Existenzberechtigung – nein, sogar für ihre herausragende Bedeutung in der „Balance and Check“ (d.h. eigentlich Kontrolle) von Parlament und Regierung.

Es existieren darüber unterschiedliche Sichtweisen. Da gibt es einmal das Narrativ offizieller Stellen unseres Landes: Nationalrat und Bundesrat üben gemäß der Bundesverfassung die Gesetzgebung des Bundes aus.

Dabei kommt dem Bundesrat das schlussendliche Recht der Begutachtung zu. Der Bundesrat darf daher gegen alle Beschlüsse des Nationalrates einen Einspruch in Form eines aufschiebenden Vetos einbringen.

Handelt es sich aber um solche Gesetze, wodurch die Rechte der Bundesländer eingeschränkt werden; des Weiteren um solche gesetzlichen Bestimmungen, die den Bundesrat selbst betreffen und zudem um solche Staatsverträge, die die Wirkungsbereiche der Bundesländer sowie der EU berühren, dann gilt sogar ein absolutes Veto!  

Bereits diese sehr beispielhafte Aufzählung signalisiert die enorme Bedeutung des österreichischen Bundesrates und lässt daher vermuten, dass die Bewältigung dieser vielfältigen Aufgaben mit einem großen Arbeitsaufwand verbunden sein muss.

Ob es dem wirklich so ist, darüber gibt der 47. Bericht über den Föderalismus in Österreich für das Jahr 2022 bereitwillig und ungeschminkt Auskunft. Verfasser ist das Institut für Föderalismus in Innsbruck.

Die österreichische Länderkammer trat 2022 wie auch 2023 zu 13(!) Sitzungen zusammen und behandelte dabei im Jahr 2022 203 Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates, stimmte zudem zwei Staatsverträgen zu und nahm 15 Berichte der Bundesregierung zur Kenntnis.

Einzig und allein gegen einen Gesetzesbeschluss des Nationalrates wurde wegen eines textlichen Formfehlers Einspruch erhoben! Die erforderlichen Zustimmungen wurden in 14 Fällen erteilt.

Seit 1985 besteht nämlich ein absolutes Zustimmungsrecht für den Bundesrat in den bereits weiter oben angeführten rechtlichen Belangen. In diesem besagten Zeitraum kam es zu 305 erteilten Zustimmungen und nur zu zwei Verweigerungen.

Bezeichnendes Resümee im Föderalismusbericht: „Diese Zahlen verdeutlichen, dass die praktische Handhabe des Zustimmungsrechts symptomatisch  für die Rolle des Bundesrates im Gesamten ist, der weniger im Sinne der Wahrnehmung von spezifischen Länderinteressen, sondern vielmehr nach parteipolitischen Interessen agiert.“ (47. Bericht über den Föderalismus in Österreich 2022, Institut für Föderalismus, Innsbruck)

2. Wie wird man Bundesrat und was ist dann seine Leistung?

Derzeit besteht der Bundesrat aus 60 Mitgliedern. Die Bundesräte werden aber nicht vom österreichischen Wahlvolk gewählt, sondern vielmehr von den einzelnen Parteien in den Bundesländern nach ihrer jeweiligen politischen Stärke in den einzelnen Landtagen entsandt.

Die Auswertungen der einzelnen Sitzungsverläufe ergaben, dass 2022 eine Plenarsitzung des Bundesrates durchschnittlich zehn Stunden und 34 Minuten dauerte.

Den einzelnen Plenarsitzungen sind aber Ausschüsse vorgeschaltet, die dazu dienen, die vom Nationalrat verabschiedeten Gesetze bezüglich Einspruch und Zustimmung zu begutachten. Im Jahr 2022 wurden in 21 Ausschüssen 107 Ausschusssitzungen abgehalten.

Die Durchschnittsdauer einer Ausschusssitzung betrug 2022 genau 33 Minuten. Die Berechnung hierzu war denkbar einfach: 2022 gab es 107 Ausschusssitzungen mit einer Gesamtdauer von 58 Stunden und 54 Minuten.

Die 203 vom Nationalrat verabschiedeten Gesetze wurden in den 21 Ausschüssen im 17-Minuten-Takt durchgeschleust.

Welcher zeitliche jährliche Aufwand ist daher mit einer Tätigkeit im Bundesrat verbunden – und zwar auf der Basis des Jahres 2022?

Betrachten wir als Erstes die Plenarsitzungen. Diese abverlangten jedem Abgeordneten zum Bundesrat einen zeitlichen Aufwand von ungefähr 17 Arbeitstagen. Hinzu kommen etwas mehr als sieben Arbeitstage für die Teilnahme an den Ausschusssitzungen. Beides zusammengezählt und aufgerundet sind es dann ungefähr 25 Arbeitstage. Bezogen auf einen Arbeitsmonat pro Jahr ist daher das zu entgeltende Salär mehr als üppig!

3. Was aber machen die Bundesräte in den restlichen zehn Monaten eines Jahres?

Ein Bundesrat wird ungefähr einen Arbeitsmonat pro Jahr von den Obliegenheiten seiner Institution in Anspruch genommen. Fünf Wochen Urlaub pro Jahr verschlingen zudem ein weiteres Monat.

Es drängt sich daher die schlichte Frage auf, welchen Tätigkeiten somit die Abgeordneten in den restlichen fast zehn Monaten nachgehen.

Praktisch jeder Abgeordnete hat einen weiteren Beruf, den eigentlichen Hauptberuf(!). Auf die Frage nach ihrer gewerblichen/politischen Erwerbstätigkeit gaben nicht mehr als sechs Prozent „keinen weiteren Beruf“ oder bereits „in Pension“ zur Antwort. Die Berufsverteilung der Bundesräte ähnelt jener der Abgeordneten zum Nationalrat mit dem kleinen Unterschied allerdings, dass es sich bei Letzteren vielfach um eine nebenberufliche Tätigkeit handelt.

Bundesräte gehen nicht nur einer Erwerbstätigkeit nach, sie sind auch in ihre jeweiligen Parteien fest eingebunden. Sie sind zudem in etwas mehr als vier  Organisationen – vornehmlich in Unter- und Nebenorganisationen der jeweiligen Parteien – ehrenamtlich in leitender Funktion tätig. Abgeordnete zum Nationalrat ihrerseits sind in fünf Organisationen ehrenamtlich leitend tätig.

Die Abgeordneten zum Bundesrat sind in der Hierarchie ihrer jeweiligen Parteien sehr weit oben verankert. Acht von zehn Abgeordneten bekleiden das Amt eines Bezirksobmannes oder sind Mitglied eines Bundes- bzw. eines Landesvorstandes in ihrer jeweiligen Partei oder stellen sogar den Obmann bzw. den Stellvertreter in einer der jeweiligen Landes- oder Bundesorganisationen.

Ihre hohe Stellung in ihren jeweiligen Parteien veranschaulicht sinnfällig, dass ihr Abgeordnetengehalt im Bundesrat so gut wie ausschließlich zur finanziellen Abgeltung ihrer Parteifunktionen bzw. Parteiarbeit dient.

4. Was aber wäre die Alternative?

Eine Abschaffung des Bundesrates liegt somit auf der Hand. Vor genau zwanzig Jahren unterbreitete der damalige Sektionschef, Dr. Manfred Matzka, dem damaligen Mitglied und späteren Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, Dr. Gerhard Holzinger, folgenden Vorschlag bezüglich der Mitwirkung des Bundesrates bei der Bundesgesetzgebung: „Ich  halte es aber für sehr notwendig und zweckmäßig, sich mit dem Bundesrat zu befassen: Die Kritik an der derzeitigen Organisationsform dieser Einrichtung ist allseits bekannt. Ich würde mich dafür einsetzen, jene Vorschläge aufzugreifen, die den Bundesrat zu einer realistischen Repräsentanz der Machträger in den Ländern umorganisieren wollen. Um es auf einen einfachen Punkt zu bringen: Die derzeitige Mitwirkung des Bundesrates an der Bundesgesetzgebung ist weitgehend obsolet und braucht nicht weiter aufrecht erhalten zu werden. Für eine vernünftige Bund-Länder-Koordinierung wäre es aber sehr nützlich, wenn der Bundesrat die Funktion der Landeshauptleutekonferenz bzw. der Landesfinanzreferentenkonferenz …  übernehmen könnte. (Auszug aus dem Schreiben vom 26.9. 2003)   

5. Der erfolgreiche Umbau zur III. Republik

Wenn es auch äußerst unrealistisch zu sein scheint, dass es zu einem erfolgreichen Umbau unserer Republik kommen wird, so ist es doch wichtig, einen öffentlichen Diskurs darüber zu führen. In diesem Sinne ist die vorliegende Ausarbeitung zu verstehen. Weitere Analysen werden folgen!

Die wichtigsten Maßnahmen für den Umbau zur III. Republik:

1.Vorschlag: Abschaffung des Bundespräsidentenamtes. Übernahme seiner Agenden durch das Präsidium des Nationalrates.

2. Vorschlag – wie bereits in einem früheren Blog nachzulesen: Reduktion auf 100 Abgeordnete zum Nationalrat.

3. Vorschlag – wie hierorts ausführlich begründet: Abschaffung des Bundesrates und Übernahme seiner Agenden durch die Landeshauptleute-Konferenz.

4. Vorschlag: Neuorganisation der Landtage durch Übertragen ihrer Gesetzgebung auf Bundesebene. Das Landtagsmandat wird zu einem Ehrenamt!

5. Einführung direktdemokratischer Instrumente nach Schweizer Vorbild

6.  Unabhängigkeit der österreichischen Staatsanwaltschaft: Bundesanwalt und sein Stellvertreter werden für fünf Jahre vom Parlament gewählt und sind nur  diesem gegenüber verantwortlich.

7. Halbierung der jährlichen Parteienförderung, die eine der höchsten in der westlichen Welt ist.

8. „Einfrieren“ aller Politikergehälter bis zum Jahr 2028 als Solidarbeitrag gegen die Teuerung.

9. Vorschlag: Anlässlich der Benko-Insolvenz sei eine alte Forderung aus dem 5-Sterne-für-Österreich-Programm in Erinnerung gerufen: Mitglieder der Bundes- und Landesregierungen dürfen erst zwei Jahre nach ihrem Ausscheiden aus der Politik einen Job in jenen Branchen bzw. bei jenen Personen annehmen, mit denen sie vorher zu tun hatten. Über eine allfällige Unvereinbarkeit entschiede dann ein Dreier-Senat. Politiker werden nämlich nicht als Berater angeheuert. Dazu fehlt es ihnen an Expertise. Sie sind bloß Testimonials, die ihren vermeintlich guten Ruf um viel Geld verscherbeln, um die Glaubwürdigkeit von fast immer anrüchigen Projekten zu erhöhen. Daher das viele Geld! So haben die beiden ehemaligen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (laut KURIER vom 24. 11. 2023 mehr als sieben Millionen Euro zwischen 2020 und 2022) und Sebastian Kurz (laut Heute vom 29. 11. 2023 2,5 Millionen Euro) der Signa-Gruppe/Benko in Rechnung gestellt. Nicht zu vergessen auf den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der in den Jahren 2008/09 neun Millionen Euro von der Meinl-Bank für seine „Beratertätigkeit“ kassierte. Vor Gericht war er jedenfalls nicht in der Lage, seine damalige Beratertätigkeit näher zu beschreiben. Er entschlug sich jeglicher Aussage.  

Weitere interessante Ergebnisse sind der Broschüre zu entnehmen. die hier als pdf-File beigefügt wurde. Bitte, klicken Sie an!

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