Österreichische Abgeordnete zum Nationalrat im Europa-Vergleich – zu viele, überbezahlt und mit Parlamentsarbeit nicht ausgelastet?

Mit dem Titel dieses Beitrages wird die Stoßrichtung unserer Analyse signalisiert und ihr Ergebnis in Frageform bereits vorweg genommen.

Drei Vorwürfe, die immer wieder erhoben werden, wurden anhand europäischer und nationaler Statistiken sowie eigener Auswertungen überprüft:

(1) Im österreichischen Nationalrat sitzen zu viele Abgeordnete.

(2) Die österreichischen Abgeordneten im Nationalrat sind überbezahlt.

(3) Abgeordneter zu sein, ist lediglich ein lukrativer Nebenjob.

Nun, zum ersten Vorwurf:

(1) Im österreichischen Nationalrat sitzen zu viele Abgeordnete

In den meisten Ländern der Welt – und ausnahmslos in Europa – wird ein parlamentarisches Regierungssystem praktiziert.

Es hat sich zudem ein Zweikammersystem etabliert. Einem Oberhaus, Erste Kammer, Bundesrat usw., wo eine privilegierte Gruppe oder die historischen Rechte der Länder des jeweiligen Staates mit einem Veto-Recht ausgestattet sind.

Die eigentliche gesetzschöpfende Macht liegt aber bei den Parlamenten, die unter vielfältigen Namen firmieren: Staatsversammlung, Unterhaus, Abgeordnetenhaus, La Chamber des Deputés, Folkoting, Storting, Sejm, House of Commons, Bundestag, Las  Cortes, Nationalrat usw.

In diese Institutionen werden Gesetzesvorschläge eingebracht, behandelt und beschlossen. Die Regierung wird indirekt gewählt und direkt kontrolliert. Zudem werden das Budget und Staatsverträge genehmigt.

Ob in einem Parlament zu viele Abgeordnete vertreten sind, hängt vor allem davon ab, welche Rolle dem Parlament zugemessen wird.

In der realen politischen Welt sind aber die Parlamente lediglich „Durchwinkstationen“ für Regierungsvorlagen zur Abarbeitung der Koalitionsverträge sowie zur Beschlussfassung von „Anlassgesetzen“. Und für die Oppositionsparteien bieten sie eine Bühne für ihre fürstlich entlohnten Deklamationen.  

Dies alles muss man sich vergegenwärtigen, wenn man die zu große Anzahl von Abgeordneten in den europäischen Parlamenten kritisiert. Österreich ist hierbei keine Ausnahme.

Die Zahl der Mandatare in den einzelnen europäischen Parlamenten wird von der Anzahl der Wahlberechtigten in den jeweiligen Ländern bestimmt.

Länder mit einer geringen Einwohnerzahl tendieren eindeutig zu mehr Abgeordneten – bezogen auf die Anzahl der Wahlberechtigten – als große Länder.                    

Egal, wie viele Wahlberechtigte ein Land vorzuweisen hat, um die 60 Abgeordneten bewegt sich die magische Größe. Darunter macht man keine Volksvertretung.

So kommt es, dass ein Abgeordneter in Malta oder auch in Luxemburg lediglich zwischen vier- und fünftausend Wahlberechtigte zu vertreten hat, hingegen in Italien und Spanien um die 100.000.

Wie aber ist es um Österreich – verglichen mit anderen europäischen Ländern ähnlicher Größe von Wahlberechtigten – bestellt?

  • Schweiz mit 5.539.952 Wahlberechtigten und 200 Abgeordneten im Nationalrat. Ein Abgeordneter vertritt 27.700 Wahlberechtigte.
  • Bulgarien mit 6.620.820 Wahlberechtigten und 240 Abgeordneten in der Nationalversammlung. Ein Abgeordneter vertritt 27.587 Wahlberechtigte.
  •  Österreich mit 6.396.812 Wahlberechtigten und 183 Abgeordneten im Nationalrat. Ein Abgeordneter vertritt 34.955 Wahlberechtigte. Im österreichischen Nationalrat sind etwas weniger Abgeordnete als in der Schweiz oder in Bulgarien vertreten. Auf 100.000 Wahlberechtigte kommen in Österreich 2,9 Abgeordnete. In der Schweiz und in Bulgarien hingegen jeweils 3,6 Abgeordnete.

(2) Die österreichischen Abgeordneten im Nationalrat sind überbezahlt

Die Unterschiede in der Bezahlung der Abgeordneten in den europäischen Parlamenten sind enorm. Italienische Abgeordnete verdienen fast das Neunfache ihrer Kollegen in Rumänien.

Kann man daher so einfach sagen, dass die italienischen Abgeordneten neunfach überbezahlt sind? Und die österreichischen Abgeordneten sechsfach, wenn man die Gehälter rumänischer Abgeordneter zum Vergleich heranzieht?

Diese wichtigen Fragen konnten auf empirischer Basis beantwortet werden, indem der Jahresbezug eines Mandatars zum Durchschnittseinkommen im jeweiligen Land in Bezug gesetzt wurde.

Aus einer einfachen Division Brutto-Jahresbezug der Abgeordneten dividiert durch das durchschnittliche Bruttoeinkommen (Gehälter) der Erwerbstätigen im jeweiligen Land lässt sich die Maßzahl „ Überbezahlungsfaktor“ berechnen.

Euronews, ein paneuropäischer Fernsehsender, erstellte bereits 2010 für die EU28 eine solche tabellarische Aufstellung.

Die dabei gewonnenen Ergebnisse haben einige Überraschungen parat. Wenngleich die Daten für die statistische Analyse bereits mehr als zwölf Jahre alt sind, die berechneten Parameter sind aber keineswegs. Der „Überbezahlungsfaktor“ dürfte sich in der Zwischenzeit sogar noch erhöht haben,

Eine kurze Interpretation der Tabelle gefällig ?

Betrachten wir als Erstes das oberste Viertel der EU28-Länder mit den höchsten „Überbezahlungsfaktoren“. Mit Abstand an erster Stelle ist Italien mit einem Faktor von 5,3 zu finden. D. h. ein italienischer Parlamentarier verdient mehr als fünf Mal so viel wie ein Durchschnittsitaliener.

Bei den österreichischen Abgeordneten zum Nationalrat beträgt der „Überbezahlungsfaktor“ 3,1. Also drei Mal so viel.

Damit befinden sich die österreichischen Abgeordneten zum Nationalrat mit ihren Bezügen in trauter Nachbarschaft mit den drei baltischen Staaten, Litauen (4,3), Estland (4,0) und Lettland (3,3) sowie mit den beiden Balkanstaaten, Bulgarien(3,5) und Rumänien(3,1).

Die überdurchschnittlich hohen Abgeordneten-Gehälter in den baltischen Staaten erklären sich aus ihrer Orientierung auf Skandinavien.

Im untersten Viertel mit der geringsten Überbezahlung sind folgende Staaten zu finden: Malta(1,1), Spanien(1,2), Luxemburg(1,5), Zypern (1,8), Dänemark (1,8), Finnland (1,9), Belgien (2,0) und Kroatien (2,0).   

Hierbei ist Zweierlei überraschend:

  • Zum einen sind die relativ niedrigen Bezüge der Abgeordneten in den Kleinststaaten der EU hervorzuheben. Nur zur Erinnerung: Ihre Parlamente sind mit mindestens 60 Abgeordneten besetzt, die vermutlich ihr Parlamentariersein als eine Auszeichnung verstehen, die lediglich dazu dient, neue wirtschaftliche Beziehungen aufzubauen und diese auch zu festigen. Und sie vertreten zudem Staaten mit einer Bevölkerungsgröße von ungefähr der doppelten Einwohnerzahl von Graz.
  • Der niedrige „Überbezahlungsfaktor“ in den skandinavischen Staaten ist aber durchaus diskussionswürdig. Hierbei kommt eindeutig zum Ausdruck, dass die Lebenswelten ihrer Volksvertreter von den „normalen“ Menschen in diesen Ländern im statistischen Sinne einer Gaußschen Normalverteilung nicht so verschieden sind.  Ein Aperçu dazu: Die jüngst getätigten, etwas schrägen Äußerungen unseres Bundespräsidenten zur „Normalität“ lagen aber auch innerhalb seiner intellektuellen Spannbreite und einer altersadäquaten Normalverteilung – und zwar die einer von in etwa Achtzigjährigen. Die offenkundige Volksverbundenheit in den skandinavischen Staaten trägt dazu bei, dass die sozialen und wirtschaftlichen Wünsche, Sorgen und Ängste der breiten Bevölkerung besser verstanden werden.        

Hierbei sollte das Augenmerk besonders Dänemark gelten, das bereits während der COVID-19-Pandemie sowie in der Abwehr illegaler Wirtschaftsflüchtlinge für Österreich nachahmenswerte Strategien entwickelte.

Nur zur Erinnerung: Der entschiedene Abwehrkampf gegen illegale Wirtschafts- und Sozialflüchtlinge nach Dänemark wurde von einem linken Sozialdemokraten, der selbst ein Migrant in zweiter Generation aus Äthiopien ist, eingeleitet.

(3) Abgeordneter zu sein – lediglich ein lukrativer Nebenjob?

Dass die österreichischen Abgeordneten zum Nationalrat nicht mit parlamentarischer Arbeit überhäuft werden, davon zeugt die große Zahl gewerblicher Nebenerwerbseinkommen sowie die vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten (d.h. diverse Parteiämter).

Jeder Abgeordnete zum Nationalrat ist durchschnittlich in fünf Vereinen ehrenamtlich in leitender Funktion tätig. In der sozialdemokratischen Fraktion sind es aber sieben Vereine, was den hohen Bürokratisierungsgrad dieser Partei sinnfällig veranschaulicht. 

Hierbei wird ein Muster erkennbar, das für den Bundesrat ausschließlich zur Anwendung gelangt. Die Finanzierung der diversen Parteiämter über die Gehälter als Abgeordnete im Parlament (Nationalrat und Bundesrat) sowie in den Landtagen.

Diese und andere interessante Ergebnisse konnten den standardisierten Lebensläufen der im Nationalrat vertretenen Mandataren (Stand: Juni 2023), die auf der offiziellen Website des Parlaments gesammelt wurden, entnommen werden.

Die Frage in der obigen Überschrift lässt sich daher mit einem klaren JA beantworten, wenn man die Ergebnisse der Transparenzdatenbank des Parlaments mit den Nebeneinkommen der Abgeordneten zum Nationalrat analysiert.

Drei von vier Abgeordneten (74,3 Prozent) haben für das Jahr 2022 ein Nebeneinkommen gemeldet.

Je länger eine politische Partei bereits an den „öffentlichen Futtertrögen“ verweilt, desto höher ist die Nebenerwerbsquote der Abgeordneten. So gilt für die ÖVP-Fraktion eine Nebenerwerbsquote von fast 90 Prozent (exakt: 87,3 Prozent). In den oberen Nebenerwerbskategorien von monatlich € 6.000,–, € 10.000,– und über € 12.000,– (Durchschnittswerte) liegt ihre Nebenerwerbsquote zwischen 50 und 60 Prozent, wiewohl nur 38 Prozent aller Abgeordneten zum Nationalrat der ÖVP-Fraktion zuzuzählen sind.

Dies ist aber nur die halbe Wahrheit. Bei den beiden neoliberal orientierten Parteien, FPÖ und NEOS, wo der Anteil an Freischaffenden/Selbstständigen sehr hoch ist, wollen sich diese Abgeordneten den Rückzug in die Selbstständigkeit (Unternehmertum) bzw. in das freischaffende Erwerbsleben offen halten. Bei der FPÖ liegt nämlich die Nebenerwerbsquote bei 75 Prozent und bei den NEOS bei 67 Prozent.

Die Nebenerwerbsquote bei den GRÜNEN beträgt nur 57 Prozent und ist die niedrigste aller Parlamentsfraktionen. Und kein Abgeordneter der GRÜNEN verdient brutto mehr als  € 4.000,– monatlich.

Böse Zungen lästern daher, dass die meisten Abgeordneten der grünen Fraktion ohnehin nur von ihren Prekariaten in NGOs und ihren noch nicht abgeschlossenen Hochschulstudien direkt in den Nationalrat wechselten.

(4)  Der erfolgreiche Umbau zur 3. Republik

Wenn es auch äußerst unrealistisch zu sein scheint, dass es zu einem erfolgreichen Umbau unserer Republik kommen wird, so ist es doch wichtig, einen öffentlichen Diskurs darüber zu führen. In diesem Sinne ist die vorliegende Ausarbeitung zu verstehen. Weitere Analysen werden folgen!

Forderungen der 5-Sterne-für-Österreich:

a. Abschaffung des Bundesrates. Übernahme seiner Agenden durch die Landeshauptleute-Konferenz.

b. Abschaffung des Bundespräsidentenamtes. Übernahme seiner Agenden durch das Präsidium des Nationalrates.

c. Reduktion auf 100 Abgeordnete zum Nationalrat.

d. Abschaffung aller neun Landtage. Übertragen seiner Gesetzgebung auf Bundesebene.

e. Halbierung der jährlichen Parteienförderung, die eine der höchsten in der westlichen Welt ist.

f. „Einfrieren“ aller Politikergehälter bis zum Jahr 2028 als Solidarbeitrag gegen die Teuerung.

g. Und speziell für Wien: Abschaffung der Stadträte und Vizebürgermeister ohne Portefeuille. D.h. ein fürstliches Gehalt – eine Sinekure – zu beziehen, ohne für die Stadt eine nachweisbare Leistung erbringen zu müssen.

Weitere interessante Ergebnisse sind der Broschüre zu entnehmen. die hier als pdf-File beigefügt wurde. Bitte, klicken Sie an!

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